Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen als Herstellungskosten
Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen bilden unabhängig von ihrer Höhe Herstellungskosten, wenn sie für eine Erweiterung i. S. v. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB entstehen. Eine Erweiterung liegt vor:
• bei der Aufstockung eines Gebäudes[1];
• bei der Errichtung eines Anbaus[2];
• bei der Vergrößerung der nutzbaren Fläche[3];
• bei der Vermehrung der Substanz des Gebäudes.[4]
Nach der Rechtsprechung des BFH liegen bereits begrifflich keine Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen vor, wenn ein hinsichtlich seiner Größe und Funktion bedeutsamer Gebäudeteil abgerissen und neu errichtet wird. Derartige Baumaßnahmen sind ihrem Wesen nach keine Erhaltungskosten.[5] Herstellungskosten stellen auch Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen dar, wenn sie zu einer über den ursprünglichen Zustand hinausgehenden wesentlichen Verbesserung des Gebäudes führen; dies gilt auch, wenn oder soweit das Gebäude unentgeltlich erworben wurde.[6] Ursprünglicher Zustand i. S. v. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB ist grundsätzlich der Zustand des Gebäudes im Zeitpunkt der Herstellung oder Anschaffung durch den Steuerpflichtigen oder seinen Rechtsvorgänger im Fall des unentgeltlichen Erwerbs. Erforderlich ist danach ein Vergleich des Gebäudezustands im Zeitpunkt der Herstellung oder Anschaffung mit dem Zustand, in den es durch die vorgenommenen Instandsetzungs- oder Modernisierungsarbeiten versetzt worden ist. Eine wesentliche Verbesserung ist bei einem Wohngebäude immer dann gegeben, wenn der Gebrauchswert des Gebäudes durch die Baumaßnahmen deutlich erhöht wird. Dies setzt voraus, dass mindestens 3 der Kernbereiche der Ausstattung einer Wohnung, nämlich Elektro-, Heizungs-, Sanitärinstallation und Fenster, in ihrer Funktion (Gebrauchswert) deutlich erweitert und ergänzt werden.[7]
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG liegen anschaffungsnahe Aufwendungen (= Herstellungskosten des Gebäudes) vor, wenn die Aufwendungen (ohne Umsatzsteuer) innerhalb der ersten 3 Jahre nach Anschaffung 15 % der Gebäudeanschaffungskosten übersteigen. Bei der Prüfung der 15-%-Grenze werden nur Aufwendungen für Erweiterungen i. S. d. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB sowie Aufwendungen für jährlich üblicherweise anfallende Erhaltungsarbeiten von den zu berücksichtigenden Herstellungskosten ausgeschlossen.[8]
Wichtig
Nachträgliches Überschreiten der 15-%-Grenze
Wird nachträglich die 15-%-Grenze überschritten, können auch bereits bestandskräftige Bescheide der vorangehenden Jahre von den Finanzämtern noch korrigiert werden. Das Überschreiten dieser Grenze stellt ein rückwirkendes Ereignis i. S. v. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 dar.[9]
Hinweis
Prozesskosten und Verzugszinsen
Gerichts- und Anwaltskosten, die z. B. mit Firmen oder Handwerkern für eine Auseinandersetzung um Werklohn für Herstellungskosten erwachsen, stellen Herstellungskosten dar. Prozesskosten teilen als Folgekosten die einkommensteuerrechtliche Qualifikation der Aufwendungen, die Gegenstand des Prozesses waren.[10]
Verzugszinsen sind dagegen als Schuldzinsen i. S. d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG zu beurteilen.[11]
In den Fällen der Herstellung beginnen die Abschreibungen für das hergestellte Wirtschaftsgut im Zeitpunkt der Fertigstellung.[12] Der Zeitpunkt der Fertigstellung ist der Zeitpunkt der Nutzungsfähigkeit. Ein Gebäude ist nutzungsfähig, wenn es nach Abschluss der Bauarbeiten tatsächlich bewohnbar ist.[13] Daran mangelt es z. B., solange noch Türen, Böden und der Innenputz fehlen. Auf die behördliche Schlussabnahme oder baubehördliche Genehmigung kommt es nicht an.
Der Bauherr muss das umfassend zu verstehende Bauherrenwagnis, d. h. wirtschaftlich das für die Durchführung des Bauvorhabens auf seinem Grundstück typische Risiko, tragen sowie rechtlich und tatsächlich die Planung und Ausführung in der Hand haben. Um die Herstellung eines Gebäudes handelt es sich auch, wenn der Steuerpflichtige ein Fertighaus oder durch einen Generalunternehmer ein Gebäude auf einem eigenen Grundstück zu einem Festpreis errichten lässt. Das Gleiche gilt bei Erwerb eines noch nicht fertiggestellten Gebäudes und anschließender Fertigstellung.
Abgrenzung
Bei der Durchführung von Baumaßnahmen sind die Gebäudeherstellungskosten von den folgenden Kosten abzugrenzen[1]:
• Anschaffungskosten des Grund und Bodens;
• Anschaffungs-/Herstellungskosten von Betriebsvorrichtungen;
• Anschaffungs-/Herstellungskosten von Scheinbestandteilen;
• Anschaffungs-/Herstellungskosten von Ladeneinbauten, Schaufensteranlagen, Gaststätteneinbauten, Schalterhallen von Kreditinstituten und ähnlichen Einbauten, die einem schnellen Wandel des modischen Geschmacks unterliegen;
• Anschaffungs-/Herstellungskosten von Einrichtungsgegenständen;
• Herstellungskosten von selbstständigen Außenanlagen.
Anschaffungskosten des Grund und Bodens
Die Anschaffungskosten eines unbebauten Grundstücks setzen sich aus dem Kaufpreis und den Anschaffungsnebenkosten zusammen. Die im Zusammenhang mit der Parzellierung eines Grundstücks anfallenden Vermessungskosten rechnen zu den Anschaffungskosten des Grund und Bodens. Bei einem mit Abbruchverpflichtung erworbenen Gebäude, das wirtschaftlich verbraucht und damit objektiv wertlos war, entfällt der volle Kaufpreis auf den Grund und Boden.[1] Die Zahlungen eines Grundstückseigentümers an seinen Nachbarn für eine Zufahrtsbaulast kann zu Anschaffungskosten des Grund und Bodens auch dann führen, wenn damit ein zweiter Zugang zum Grundstück eröffnet wird.[2]
Aufwendungen zur Bebaubarkeit des Grundstücks
Aufwendungen, die dazu dienen, das Grundstück in einen bebaubaren Zustand zu versetzen (Planierung eines unebenen Geländes, Auffüllung von sumpfigem/moorigem Gelände, Maßnahmen zur nachhaltigen Senkung des Grundwasserspiegels), rechnen unabhängig davon, ob ein konkretes Bauvorhaben ansteht oder nicht, zu den Anschaffungskosten des Grund und Bodens.
Erschließungskosten
Die Kosten einer erstmals durchgeführten Erschließungsmaßnahme sind den Anschaffungskosten des Grund und Bodens zuzurechnen. Werden bereits vorhandene Erschließungseinrichtungen ersetzt oder modernisiert, so führen die sog. Ergänzungsbeiträge nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten des Grund und Bodens, sondern zu Erhaltungsaufwand, soweit hierdurch das Grundstück nicht in seinem Wesen und seiner Substanz verändert wird.[3